top of page
Löwenzahn Felder

Schule

Ich habe selbst drei Kinder. Beim Heranwachsen des Jüngsten fiel mir auf, dass sich – im Gegensatz zu dem Ältesten - die Kinder nicht mehr zum Spielen (Playmobil und Lego oder nach draußen) verabredeten, sondern sie wollten sich nur treffen, wenn es erlaubt war, am Computer oder vor dem Fernsehen zu sitzen. Einige Kinder hatten Schwierigkeit, den Augenkontakt mit mir zu halten, wenn ich mit ihnen sprach. Beim Spielen bei uns fiel auf, dass es den Kindern oft schwerfiel, an einer Sache dranzubleiben, ein Spiel „durchzuhalten“. 

 

Zu Beginn meines Qigong Unterrichts an einer Grund- und Werkrealschule wurde von Seiten der Lehrer beklagt, dass die Klassen zusehends lauter, unaufmerksamer und aggressiver werden, die Kinder immer häufiger wegen Kopf- oder Bauchschmerzen fehlen, Unfälle (durch Unkonzentriertheit) sich häufen, körperliche Koordinationsmängel und Schwierigkeiten beim Umsetzen von Aufgaben keine Seltenheit, Grenzüberschreitungen der Schüler gegenseitig und den Lehrern gegenüber an der Tagesordnung sind, die Lehrergesundheit bedenklich ist.

Ausgelöst durch Angst und Unsicherheit empfinden viele Kinder Stress. Bei den einen drückt sich dieser Stress in Unruhe, ununterbrochenem Tatendrang oder auch Aggression aus, bei anderen in Zurückgezogenheit und Lethargie. 

Körperliche Übergriffe sind in den Schulen keine Einzelfälle – teils als „Spiel“ zwischen Spaß und Ernst, teils sind es „vorsätzliche“ tätliche Angriffe. Die Kinder sind sich oft ihrer Handlung und der Auswirkung in keiner Weise bewusst - die innere Aggression der Kinder sucht ein Ventil. 

Die Aufmerksamkeit in den Körper zu lenken, ihn zu spüren und Übungen zu machen, bei denen sich die Kinder ihrer Bewegungen und Handlungen bewusst sind, ist eine hilfreiche Methode, Aggressionen zu vermindern. Die Kinder erleben ein Staunen über die eigene innere Kraft, die nicht unbedingt danach drängt, sich in einer Handlung nach außen auszudrücken. Das Gefühl von Selbstkompetenz klingt in ihnen an. Im Üben miteinander wird das Gefühl für Gemeinschaft und Verbundenheit gestärkt. 

Der Hirnforscher G. Hüther sagt in einem Vortrag, dass zwei Punkte für die kindliche Entwicklung wichtig sind:

 

  1. Verbundenheit zu spüren und

  2. über sich hinaus zu wachsen.

 

Ich bin in den Qigong –Übungsstunden oft auf diese beiden Themen gestoßen und konnte erleben, wie sich in kleinen Schritten Veränderungen ergaben. 

Die Inhalte und die Übungen des Qigong bieten geeignete Hilfsmittel, diese Themen im Körper zu spüren und an ihnen zu arbeiten:

 

  1. Verbundenheit erleben - durch gemeinsames Üben von für alle gleiche Formen und 

                                                      durch Partnerübungen 

    2. Über sich hinauswachsen können - indem Kraftquellen in sich entdeckt und     

                                                                       zu nutzen gelernt werden und 

                                                                       indem in der Sicherheit der „Form“ Mut entsteht,  

                                                                       sich zu trauen und zu wachsen.

 

Qigong kann (in speziellen Schulübungen) in den Unterricht eingefügt oder als separate Stunde (in erweiterten Übungs- und Aktionsformen) angeboten werden.

In den Fachunterrichtsstunden kann durch spezielle Übungen Klassenunruhe und Abgeschlafft Sein aufgefangen, bzw. vor Klassenarbeiten mehr Konzentration, innere Ruhe und Leistungssteigerung erreicht werden. 

Übungsinhalte

Wachmachen - abklopfen, schütteln, dehnen

Wahrnehmen  

  • einzelne Körperteile /bzw. ganzen Körper 

  • Gefühle (Schmerz, Freude, Wohlbefinden, Angst, Wut, Unsicherheit)

  • innen und außen (ich und andere), mein Raum und der Raum des anderen 

  • Kräfte (durch Berührung und durch Widerstand)

  • Unterschied von Bewegung und Ruhe 

 

Lenken der Aufmerksamkeit

  • an einzelne Körperstellen    

  • zur Atmung 

  • zum eigenen Befinden (Wie fühle ich mich? Wie fühlt sich das an?)  

 

Körperliche und mentale Kräfte aufbauen

Kontrolle von Bewegung und Handlung

Vorstellungskraft nutzen, um Kraftzustände erfahrbar zu machen 

Übungsziele

Konzentration fördern 

Leistung im eigenen Maße steigern    

Kreativität entdecken     

Innerer Unruhe, Angst und Stress abbauen

Vertrauen, Mut und Selbstvertrauen aufbauen

Antriebslosigkeit (Erschöpfung, Müdigkeit) beheben

Willenskraft und Ausrichten auf Ziele bewusst wahrnehmen

Gesundheitsstörungen (z.B. Kopf- und Bauchschmerzen) minimieren 

  • Abbau von Stress und Ängsten 

  • Kräftigen von Wirbelsäule und Muskeln 

Kontaktschwierigkeiten verbessern durch 

  • gemeinsames Üben einheitlicher Formen

  • sich als „gut genug“ erfahren 

  • sich in Partnerübungen in Begegnung erleben

  • Halten von Blickkontakt und bewusstem selbstbestimmten Körperkontakt 

Aggression abbauen 

  • Wahrnehmung der eigenen Gefühle 

  • Kennenlernen der eigenen Kräfte und deren sinnvolles Einsetzen für sich selbst (ohne auf ein Gegenüber gerichtet zu sein)          

  • Üben ohne Wertung

  • in gemeinsamem Üben Gemeinsamkeit und Verbindendes erleben 

Grenzübertretungen wahrnehmen  

  • Übungen, in denen der eigene Raum und der Raum des anderen spürbar wird

  • Den eigenen Raum füllen und 

  • den Raumes der anderen respektieren                                                       

Selbstkompetenz, Selbstvertrauen und Eigenverantwortung stärken durch

  • Erleben und Entdecken der eigenen Fähigkeiten und Kräfte        

                                                               

Akzeptanz, Toleranz und Zusammengehörigkeitsgefühl

Das gemeinsame Üben fördert Toleranz und Akzeptanz, fördert die Bereitschaft der Zusammenarbeit und das Gefühl der Gemeinsamkeit, das Gefühl von Gemeinschaft und Verbundenheit. Es gibt den ´schwächeren` Kindern die Chance, sich gleichwertig zu fühlen und „coole“ Kinder müssen sich nicht „darstellen“. Das Üben ohne werten, die Verbindung in der Gleichheit der einfachen Form und Bewegung bietet die Möglichkeit ein „Image“ zu vergessen und Stress loszulassen. Kinder, die sich gerne zu sehr in den Mittelpunkt stellen, lernen sich in die Gruppenübung einzuordnen. Kinder, die sich wenig trauen und zutrauen, wachsen durch die Selbstverständlichkeit der gleichen Anforderung und Möglichkeiten an alle und durch das Fehlen von Beurteilung. 

Evelin Seyffert-Heinrich | Eichwasenring 17, 72654 Neckartenzlingen

Evelin.seyffert-heinrich [at] t-online . de

bottom of page